Architektur und Literatur in der deutschsprachigen Literatur nach 1945
- ISBN-Nr.: 978-3-910170-60-5
Beschreibung
In den neuen Bundesländern vollzieht sich ein bisher in Deutschland nicht gekannter Umbruch. Die Abwanderung vor allem junger Menschen führt zur Verödung von Städten wie z.B. Wittenberge im Westen Brandenburgs oder Hoyerswerda im ostsächsischen Raum. Im Vergleich mit dem Umbau anderer Städte, etwa im Ruhrgebiet, verläuft dieser Prozess chaotisch, ungesteuert, sozial explosiv. „... weil im Grunde niemand weiß, wohin die Reise der postindustriellen Gesellschaft geht, bedarf der Transformationsprozess einer sorgfältigen Begleitung.“ (Wolfgang Kil)
Eine solche Begleitung gesellschaftlicher Prozesse, die mit der Zerstörung, dem Auf- und Umbau von Städten zusammenhängen, findet sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Literatur beider deutscher Staaten. Anliegen der Konferenz der Brigitte-Reimann-Gesellschaft und des Literaturzentrums Neubrandenburg war es, ausgehend von Brigitte Reimanns Roman „Franziska Linkerhand“ eine Bestandsschau zur deutsch-deutschen Nachkriegsliteratur zu beginnen, die mit den Kennzeichen „Trümmerliteratur“ oder „Aufbauliteratur“ nur unzureichend charakterisiert ist. Von den ReferentInnen wurden ausgewählte Werke der deutschen Literatur in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts untersucht, in denen sich die Erfahrung von Zerstörung durch zwei Weltkriege eingeschrieben hat und in denen die Architektenfigur als Protagonist gesellschaftlicher Zusammenhänge agiert. Die Stadt in „Trümmern“, beim „Aufbau“, „Wiederaufbau“ oder in der Phase der „Restaurierung“ bzw. des „Rückbaus“ verweist auf wichtige Etappen der Nachkriegsgeschichte; die Reflexion der gebauten Welt (z.B. das Haus, die Straße) fungiert als Bedeutungs- und Erinnerungsträger, als Wahrnehmungsraum und als Behauptungsraum für Dasein.
Aus der Sicht von Architekturkritikern werden die literaturgeschichtlichen Darstellungen flankiert. Es geht um die Diskussion von Städtebau als Ausdruck von Gesellschaftskonzepten und/oder von Vorstellungen vom „Menschen“. Die Stadt als größte Vergegenständlichung von Kultur (Georg Simmel) gewinnt, gerade weil sie gegenwärtig auch in Frage gestellt wird, als Topos der Literatur wieder zunehmend an Bedeutung.