Der andere Fallada
Eine Chronik des Leidens
- ISBN-Nr.: 978-3-941683-49-5
Beschreibung
Ein krisenreiches Lebensbild
Im Dezember 1911 wird Rudolf Ditzen, der spätere Hans Fallada, wegen eines Doppelselbstmordversuchs in einem inszenierten Duell, bei dem sein Mitschüler stirbt, in die Psychiatrische Klinik zu Jena eingeliefert und dort begutachtet. Die Ärzte attestieren ihm Unzurechnungsfähigkeit gemäß § 51 des Strafgesetzbuches aufgrund einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, er wird als konstitutioneller Psychopath klassifiziert. Sucht, kriminelle Delikte und stete Krisen zeichnen das Lebensbild des weltbekannten Autors, der mit Romanen wie „Kleiner Mann – was nun?“ oder „Jeder stirbt für sich allein“ für Furore sorgt. Doch dem Ruhm stehen die Leiden des Menschen Rudolf Ditzen gegenüber. Keine ärztliche Behandlungsempfehlung, die zur Gesundung geführt hätte, hält Fallada ein. Ungeduldig und voll innerer Unruhe wählt er lebenslang seinen eigenen Weg, den der Kreativität und immer nah des Abgrunds. Klaus-Jürgen Neumärker wertet neben Büchern, Archivalien und Briefen erstmals die Krankenakten des West-Sanatoriums und der Charité Berlin sowie der Kuranstalten Berlin-Westend aus. Er recherchiert akribisch und sachkundig den anderen Fallada und jene schicksalhafte Spur, die sich durch dessen Leben zieht.
Autor
Klaus-Jürgen Neumärker
Klaus-Jürgen Neumärker: 1940 geboren. Studium der Humanmedizin an der Humboldt-Universität zu Berlin. 1966 Assistenz an der Psychiatrischen und Nervenklinik der Charité. Promotion und Habilitation. Lehrstuhlinhaber an der Humboldt-Universität. WHO-Stipendiat in London. Leitende Funktionen auf dem Gebiet der Neurologie und Psychiatrie an der Charité. Bis 2005 Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie an den DRK Kliniken Berlin/Westend.
Presse
„Der Spürsinn Neumärkers und seine immense Umsichtigkeit fördert Quellen zutage, führt im einzelnen auch zu Neubewertungen und Korrekturen bisheriger Fallada Biografik. [...] Neumärker begleitet in einer sehr lesenswerten Sprache den „anderen Fallada“ durch seine gesamte Leidensgeschichte, die einen sehr anrührt. [...] Die von Neumärker vorgelegte „Chronik des Leidens“ ist selbstredend ein extrem fleißiges Buch. Ohne sie zu befragen und zur "Gegenprobe" heranzuziehen, wird man künftig bei ernsthafter Beschäftigung mit dem Leben Ditzens und den geschriebenen Biografien nicht auskommen können.“
Prof. Dr. Gunnar Müller-Waldeck in Salatgarten | 1/2015
„Die eindrucksvolle, aber auch bedrückend zu lesende Biografie wird als wichtige Ergänzung der Sekundärliteratur größeren Bibliotheken empfohlen.“
ekz | Juni 2015
„[...] Klaus-Jürgen Neumärker schildert „Eine Chronik des Leidens“ (Untertitel). War doch Fallada dreimal in psychiatrischen Kliniken und 23 Mal in Nervenheilstätten. Wie konnte er dennoch fast 30 Bücher schreiben? Der Autor wertet u. a. erstmalig Falladas Charité-Krankenakte aus.“
F. F. dabei | Heft 11/2015
„Wie sehr aber Fallada an sich litt, hat der Psychiater Klaus-Jürgen Neumärker jetzt in einer voluminösen Krankengeschichte beschrieben und untersucht. Sie dürfte dem faszinierenden, rasenden Lebenslauf Hans Falladas durch die schlimmen Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts eine weitere Dimension hinzufügen. ... Diese ‚Chronik des Leidens‘ ist, sozusagen nebenher, auch eine Medizingeschichte des 20. Jahrhunderts.“
Werner van Bebber, Der Tagesspiegel | 1. Juli 2015
„Akribisch wertete er [Neumärker] Rudolf Ditzens Patientendaten aus und wendete gegenüber dem Verstorbenen die gleiche vorgehensweise an, wie er es von seinen Visiten am lebenden Patienten gewöhnt war: genaue Beobachtung und exakte Dokumentation, ohne zu bewerten. Puzzlestück für Puzzlestück setzte er Krankenblätter, Gutachten, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen aneinander. Mit fachmännischer Expertise analysierte er das Ärztevokabular aus jener Zeit, fügte historische Kenntnisse der Medizin ein und erläuterte die Diagnosen aus moderner Sicht. Dass Fallada diverse Suchtprobleme hatte, wird auch in Neumärkers Kompendium belegt. Aber die Zusammenhänge lesen sich teilweise doch sehr anders als bei anderen Biographen. [...] das Buch [hat] mit über 400 Seiten [...] eine beachtliche Länge erreicht, die als schnelle Feierabendlektüre sicher nicht geeignet ist. Dafür hat Neumärker ein Stück Psychiatriegeschichte geschrieben. Eindrucksvoll belegt der Psychiater, wie sich Behandlungsformen und Bezeichnungen über die Jahre geändert haben und dass ein um 1900 gebrauchtes Wort wie ‚Psychopath' nicht unreflektiert in das aktuelle Jahrhundert übertragen werden darf. Vor allem aber macht der erfahrene Arzt deutlich, dass die psychiatrische Kunst, eine Persönlichkeit in ihrem Sosein zu erfassen und wertzuschätzen, über alle Jahre das höchste Gut der Medizin geblieben ist. [...] Insgesamt ist ein umfassendes Werk entstanden, das Fallada-Fans, aber vor allem Psychiatern sehr ans Herz zu legen ist. Die vielen Daten und exakten Zitate sind nicht leicht zu lesen, es handelt sich ganz offenkundig nicht um einen Roman. Andererseits ermöglichen die Zahlen und Protokolle das erhebende Gefühl, beim Aufblättern der Akten quasi anwesend zu sein und die Möglichkeiten, aber auch Grenzen solcher historischen Entdeckungen zu erleben. [...] Neumärkers Bereitschaft, sich mit dem Patienten Fallada gewissenhaft auseinander zu setzen, hat Vorbildcharakter. [...] Klaus Neumärker macht vor, wie es gelingen kann, die schillernde Persönlichkeit eines Menschen zu erkennen und seine persönlichen Qualen auch im Kontext der jeweiligen Rahmenbedingungen zu verstehen, ohne das Verhalten zu be- oder verurteilen“
Eppendorfer | 2015
„Der Autor hat als anerkannter Mediziner die Kompetenz für die Darstellung der Krankengeschichte des Dichters. [...] Dem Psychiater Neumärker gelingt es, dem Leser die Ursachen von Verhaltensstörungen des Kranken klarzumachen und zu vermitteln. Archivalien und Briefe verhalfen dem emeritierten Professor zu neuen Erkenntnissen über den Krankheisverlauf des Pommern. In der Berliner Charité fand der Chronist des Leidens bisher unbekannte Krankenakten, die von ihm verantwortungsvoll ausgewertet wurden. Durch die Forschung des Mediziners und die eindrucksvolle und behutsame Darstellung der Leidensgeschichte des berühmten Autors können nunmehr die ‚weißen Flecken' in der Vita Hans Falladas, die yielen Liebhabern der Biogaphie des Dichters bis jetzt rätselhaft geblieben waren, als ausgetilgt gelten. Das Werk ist eine wahre Fundgrube von Wegzeichen im zerrissenen Leben des Menschen Hans Fallada“
Hans-Gerd Warmann | Stettiner Bürgerbrief 2015
„Professor Neumärker hat mit dieser Pathobiographie einen erhellenden und zugleich psychiatriegeschichtlich interessanten, dabei klug formulierten und gut lesbaren Beitrag geleistet“
Brandenburgisches Ärzteblatt | 5. Heft 2015
„...eine wissenschaftlich genaue, alle Legenden und Gerüchte beseitigende, distanzierte, aber gleichzeitig Anteil nehmende Beschreibung.“
Buchkultur | Januar 2015
„Wurde Hans Fallada vergiftet? Der Psychologe Klaus-Jürgen Neumärker hat bisher unbekannte Krankenakten erforscht und bringt überraschende Fakten ans Licht … ‚Der andere Fallada‘ – spannender als ein Krimi.“
Karin Großmann, Sächsische Zeitung | 24. Januar 2015
„Fallada war Kettenraucher, Trinker, Morphinist. Die ganze Chronik des Leidens findet man minutiös aufgearbeitet in dem kürzlich erschienenen Buch ‚Der andere Fallada‘ von Klaus-Jürgen Neumärker. Liest man sie parallel mit den schönsten Geschichten […] reibt man sich noch verwunderter die Augen […]. Müsste dieser Geschlagene nicht Geschichten der allerdunkelsten Art verfassen? Das Gegenteil ist der Fall …“
Süddeutsche Zeitung | 9. Januar 2015
"Dass Hans Fallada sich Morphium spritzte und Alkohol bis zum Exzess trank, ist bekannt. Doch bislang untersuchte niemand aus medizinischer Sicht Ursachen und Folgen der Sucht bei diesem Schriftsteller. Klaus-Jürgen Neumärker holt das jetzt in seiner "Chronik des Leidens" nach. Der 1940 geborene Arzt, der bis 2005 eine Berliner Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie leitete, studierte als erster systematisch die Krankenakten des Autors und zeigt in einer 400seitigen Dokumentation auf, wie Fallada durch den Dauerkonsum von Drogen zum Psychopathen wurde."
mdr Figaros Bücherjournal | November 2014
"Nun wird Hans Falladas (1893-1947) Leben neu durchleuchtet, nachdem die Literaturszene sein Werk mit großer Verspätung wiederentdeckt hat. In 'Der andere Fallada. Eine Chronik des Leidens' analysiert der Neurologe, Psychiater und frühere Direktor der Nervenklinik der Berliner Charité, Klaus-Jürgen Neumärker, anhand von Falladas Krankenakten, dass dieser zwar nicht „wahnsinnig“ gewesen sei, aber an einer Persönlichkeitsstörung litt."
Oberösterreichische Nachrichten, 15. November 2014